In Berlin leben 3,5 Millionen Menschen auf engem Raum. Und obwohl die meisten von ihnen sich ein Haus mit vielen anderen Parteien teilen, ist der Kontakt untereinander nicht immer gegeben. In der Anonymität der Großstadt verliert sich das Individuum leicht. Während der Pandemie nahm dieser Effekt sogar noch etwas zu.
So kann es vorkommen, dass Menschen scheinbar in einem sozialen Netz leben, davon aber keine positive Wirkung spüren. Mitunter rutschen sie dann in obskure Bereiche der Gesellschaft ab. Die Behörden registrieren immer mehr Hilferufe – BERLIN LIVE hat nachgefragt, was dahintersteckt.
Berlin: Nachfrage bei Beratungsstellen wächst
In den Jahren zwischen 2016 und 2022 haben sich die Anfragen bei den Beratungsstellen nahezu verdoppelt. Ob damit auch eine wachsende Problematik einhergeht, ist aufgrund der Dunkelziffer schwer zu sagen. „. Zum einen haben Menschen heute einen einfacheren Zugang zu Beratungsstellen, da diese im digitalen Raum leichter auffindbar sind“, sagt Susanne Gonswa, Sprecherin der zuständigen Senatsverwaltung.
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Zum anderen seien gerade während der Pandemie viele Menschen in Kontakt mit „konfliktträchtigen Gruppen“ gekommen. Sie würden nun oft „den Wunsch verspüren, ihre Erlebnisse zu reflektieren und einzuordnen“, erklärte Gonswa gegenüber BERLIN LIVE. Als konfliktträchtig gelten Gruppen mit sektenähnlichen Strukturen. Aufgrund der breiten Auffächerung dieser Gruppierungen sei der Begriff der Sekte allein allerdings nicht mehr ausreichend.
Vor allem Angehörige melden sich
Die Vereinzelung während der Pandemie und das Erleben verschiedener Krisen weltweit treibe viele Menschen zu Gruppen, die einfache Antworten versprechen. Zudem suchten viele ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit in solchen Gemeinschaften, erläutert Gonswa die Zahlen: „Dies kann die Verwundbarkeit gegenüber solchen Gruppen erhöhen, ohne dass man von einer generellen Zunahme der Gefahr durch ‚Sekten‘ sprechen kann.“
Wer in die Fänge einer solchen Gruppe geraten ist, merkt oftmals kaum, wie dramatisch sich das eigene Verhalten teils verändert. „Nach unserer Erfahrung suchen mehr Angehörige als Betroffene den direkten Kontakt zu unserer Beratungsstelle“, berichtet die Sprecherin im Gespräch mit BERLIN LIVE. Ihr Ziel sei es meist, die Situation ihrer Liebsten zu verstehen und einen Umgang damit zu finden.