„Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“ – nirgendwo ist diese jahrzehntealte Binsenweisheit von Verkehrsexperten so eindrucksvoll zu beobachten wie aktuell in Berlin-Treptow.
Seitdem der Berliner Senat den 16. Bauabschnitt der A100 für den motorisierten Verkehr freigegeben hat, pumpt die Autobahn an der Abfahrt in Treptow zuverlässig immer neue Blechlawinen auf die Straße. Wo es nun wegen des Baustellen-Nadelöhrs an der Elsenbrücke immer wieder zu zähfließendem Verkehr und Staus kommt.
Eine Rad- durch eine Autospur zu ersetzen, sorgt nicht für mehr Platz
Um dem Chaos beizukommen, hat Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) nun im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses angekündigt, dass man auf der Elsenbrücke in Richtung Friedrichshain eine weitere Spur für den Autoverkehr einrichten will – auf Kosten der Radfahrer, die dann gebündelt auf einer einzigen Spur in beiden Richtungen über die Brücke geschickt werden sollen.
+++ A100: Berliner Senat opfert Radweg für zusätzliche Autospur – um das Stau-Chaos zu lösen +++
Was auf den ersten Blick wie eine bloße Flächenumverteilung klingt, ist beim zweiten Hinsehen nichts anderes als eine Problemverlagerung. Denn natürlich wird die verfügbare Fläche auf der Elsenbrücke dadurch kein Stück breiter.
Anstatt beim eigentlichen Problem – der Reduzierung des Autoverkehrs – anzusetzen, sorgt man so für noch mehr Autos, die sich dann unaufhaltsam über die Brücke in Richtung Friedrichshain quetschen. Mit ziemlicher Sicherheit wird sich der Stau dadurch nicht in Luft auflösen – sondern nur in die Breite gehen.
BVG-Busse werden auch in Zukunft vor und hinter der Elsenbrücke im Stau stehen
Weder die Busse der BVG, die schon jetzt angesichts der Staus kapituliert und hier bisweilen den Verkehr eingestellt haben, noch die Fußgänger und Radfahrer werden von dieser Lösung profitieren. Stattdessen werden sie nur noch mehr an die Seite gedrängt oder weiterhin im Stau stecken.
Denn dieser wird sich nicht in Luft auflösen – da das eigentliche Problem die viel zu hohen Pkw-Zahlen sind, die oftmals von einer einzigen Person durch die Hauptstadt gesteuert werden. Ein individueller Luxus, den man sich in einer Metropole wie Berlin eigentlich nicht leisten kann. Denn der Platz in der Hauptstadt ist nunmal endlich. Nur eine gemeinsame Lösung kann hier Abhilfe schaffen.
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Wenn man hingegen glaubt, dass man mit weniger Radwegen diesem Problem beikommen könne, befindet man sich auf dem Holzweg im Dauerstau.
Berlin braucht mehr Busspuren und mehr Radwege, will es aus diesem Verkehrschaos rauskommen. Das Mobilitätsgesetz sollte diese Entwicklung eigentlich stärken, doch der aktuelle Berliner Senat sieht das offensichtlich anders. Womit wir bei der zweiten Binsenweisheit des Tages angekommen wären: „Wer nicht hören will, muss fühlen.“




