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Neukölln: Trotz Verbotszonen – „Die Jugendlichen werden böllern“

In Neukölln blickt man mit Sorge auf die anstehende Silvesternacht. Die Szenen von letzten Jahr sollen sich nicht wiederholen! Geht das?

Neukölln
© IMAGO/Marius Schwarz

Krawalle bei pro-palästinensischen Protesten in Berlin

Im Berliner Stadtteil Neukölln ist es in der Nacht erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen bei pro-palästinensischen Protesten gekommen. Mehrere Polizisten wurden verletzt.

Rund eine Woche ist noch bis zum Jahreswechsel. Und in Berlin reißt die Sorge vor einem Silvester wie im vergangenen Jahr nicht ab. Die Angriffe von Jugendlichen auf Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte haben in ganz Deutschland für Aufsehen gesorgt.

Seit Wochen plant man in Berlin die letzte Nacht des Jahres in der Hauptstadt. Das Ziel: Die Krawalle vom letzten Jahr dürfen sich nicht wiederholen. Die Polizei hat ihren Einsatz akribisch geplant, so auch die Berliner Feuerwehr. Die Verbotszonen für Böller wurden in diesem Jahr ausgeweitet, so auch an einem besonders beliebten Hotspot an Silvester in Neukölln!

Neukölln: Böller-Verbot auf der Sonnenallee

In einem Teil der Sonnenallee inklusive der angrenzenden Nebenstraßen gilt an diesem Silvester absolutes Böller-Verbot. Es ist ein Gebiet, in dem es im vergangenen Jahr zu massiven Ausschreitungen gekommen war. Doch trotz des Verbots für Feuerwerkskörper in bestimmten Arealen der Stadt hält die Bundesinnenministerin Nancy Faeser erneute Silvesterausschreitungen in Berlin für möglich.

Die zuständige Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke) in Neukölln hingegen schätzt das Aggressionspotenzial bei den Jugendlichen in diesem Jahr als geringer ein als im Jahr zuvor. Die Ausschreitungen in der vergangenen Silvesternacht seien bei den Jugendlichen in Berlin-Neukölln auch kurz vor dem nächsten Jahreswechsel noch ein Thema, denn viele von ihnen fühlten sich in der öffentlichen Debatte stigmatisiert.

Wut der Jugendlichen entlud sich an Silvester

Im vergangenen Jahr hätten sich bei den Jugendlichen in Neukölln und ganz Berlin viele Probleme gehäuft, sagt die Leiterin des Neuköllner Jugendamtes, Katrin Dettmer. Vor allem die Auswirkungen der Corona-Pandemie hätten zu viel Frustration bei den jungen Erwachsenen geführt. „Wir haben den Jugendlichen im Grunde zwei Jahre lang verboten, das zu tun, was Jugendliche nun einmal tun müssen: andere Leute treffen“, sagt sie gegenüber dem „Tagesspiegel“.

„Die Jugendlichen werden böllern“, so Dettmer weiter. Da sei auch egal, dass die Innensenatorin Iris Spranger (SPD) den Neuköllner Reuterkiez – einen der Hotspots im vergangenen Jahr – zur Böllerverbotszone erklärt hat. „Dann gehen die Jugendlichen halt zwei Straßen weiter.“ Damit meint sie nicht nur diejenigen, die randalieren wollen. „Bundesweit wollen die allermeisten Jugendlichen Silvester böllern.“


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„Es entschuldigt zwar nichts, aber ist in einem gewissen Ausmaß normal, dass Jugendliche – vor allem männliche – mal über die Stränge schlagen“, sagt Jugendstadträtin Nagel. Silvester sei für viele Jugendliche in Neukölln das zentrale Event im Jahr. „Die bereiten sich oft schon Wochen vorher darauf vor.“

Dass der Nahost-Konflikt die Situation an Silvester verschärfen könnte, glauben Nagel und Dettmer nicht. Klar beschäftige die Situation in Israel und Palästina die Jugendlichen. „Aber unsere Jugendlichen sind nicht politisiert, nicht organisiert.“ Oftmals würden aus harmlosen Situation dann Ernst werden. „Das fängt mit Spaß an und hört mit Wut auf“, so Dettmer.