Am 30. April 2022 kam es auf dem Rummel der „Neuköllner Maientage“ zu einer Auseinandersetzung, die für den damals 25-jährigen Mohamed R. – den jüngeren Bruder des 2018 auf dem Tempelhofer Feld erschossenen Nidal R. – tödlich endete. Im Brust- und Rückenbereich des polizeibekannten Opfers aus dem Berliner Clan-Milieu wurden insgesamt zehn Messerstiche festgestellt.
Einige Monate nach dem brutalen Vorfall in der Hasenheide konnten die Beamten zwei Tatverdächtige ermitteln. Die beiden Angeklagten, Omar O. (22) und Mohamed Os. (21), mussten sich wegen Mordes vor dem Berliner Landgericht verantworten. Am 23. Februar 2024 wurde das Urteil verkündet. BERLIN LIVE war ebenfalls vor Ort.
Clans in Berlin: Täter sollen Hilflosigkeit ausgenutzt haben
Mit zahlreichen Familienangehörigen und Freunden der Angeklagten unter den Zuschauern verkündete der Vorsitzende Richter Marc Spitzkatz direkt zu Beginn der Sitzung das Urteil: So wurde der 22-jährige Hauptangeklagte des Mordes für schuldig befunden und zu einer Jugendstrafe von acht Jahren verurteilt. Sofort ging ein lautes Raunen einiger Besucher durch den Saal.
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Die Strafkammer kann ihr Urteil allerdings auch belegen. So sei das Opfer auf dem Volksfest „arglos und dadurch wehrlos“ gewesen, was „den Tätern auch bewusst war“. Der Tod des Geschädigten wurde also billigend in Kauf genommen. Laut des Vorsitzenden „eine Rache-Aktion, die aus dem Ruder gelaufen ist“. So soll es zwei Monate zuvor bereits bei einem zufälligen Treffen der beiden Gruppen von Männern gekriselt haben.
Opfer trug selbst eine Waffe bei sich
Auf dem Jahrmarkt habe man sich dann laut des Richters „für die vorausgegangene Niederlage“ rächen wollen, „um seine Ehre wiederherzustellen“. Der Getötete könnte mit der Attacke gerechnet haben – er trug an diesem Tag ebenfalls eine Schusswaffe bei sich, die er sogar noch gezückt haben soll, bevor er zusammenbrach.
Um den genauen Hergang der Tat für das entsprechende Urteil überhaupt rekonstruieren zu können, vergingen mehrere Monate. Wie der Vorsitzende mitteilte, seien einige geladene Zeugen entweder gar nicht erst erschienen, oder „nicht sehr kooperativ“ gewesen. Bei einigen Aussagen musste sogar auf die Dokumente der Polizei zurückgegriffen werden.
Berliner Richter appellierte an Angeklagte
Dem ebenfalls angeklagten 21-Jährigen, der zum Urteil in schwarzer Stoffhose und Samt-Bomberjacke erschien, sei in diesem Fall hingegen ein Tötungsvorsatz nicht nachzuweisen gewesen. Er wurde lediglich aufgrund seiner Beteiligung an einer vorangegangenen Schlägerei zu einem zweiwöchigen Dauerarrest verurteilt. „Sie sind mit einem blauen Auge davongekommen, doch waren nicht gänzlich unbeteiligt“, erklärte der Vorsitzende.
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Dennoch habe der Richter Bedenken. So sei Mohamed Os. im Gegensatz zu seinem Kumpel und Hauptangeklagten Omar O. bereits bei der Polizei auffällig geworden. Der Vorsitzende appellierte an beide jungen Männer, das große Problem zu erkennen und sich künftig bewusst zu sein, wie gefährlich der Umgang mit Waffen doch sei. Dem zum Morde verurteilten Angeklagten riet Spitzkatz: „Sehen Sie es als Chance. Ich würde mir wünschen, dass Sie die Zeit in Haft nutzen, um ihr Potenzial zu erkennen.“
Vorsitzender: „Nutzen Sie die Zeit in Haft“
Bleibt zu hoffen, dass die Worte des Richters ernst genommen werden. Für die Verteidigung ist der Fall hingegen noch lange nicht geklärt. Wie die Verantwortlichen nach der Verhandlung mitteilten, wolle man in Revision gehen.